Friedensfrühstück des Abgeordnetenbüros Mehmet Yildiz im Hak Evi Kulturhaus

Die am Sonntag vom Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Y?ld?z organisierte Veranstaltung „Friedensfrühstück“ in der Alevitischen Gemeinde Hak Evi in der Kieler Strasse stieß auf großes Interesse. Rund 60 Teilnehmer_innen aßen gemeinsam Frühstück und diskutierten. Gewichtige Themen, wie die Kriege in der Welt, der Krieg zwischen der Ukraine und Russland, die Flüchtlingsmigration und die Wirtschaftskrise wurden in diesem Rahmen thematisiert.

100 MILLIONEN MENSCHEN MIGRIEREN AUFGRUND VON KRIEGEN IN DER WELT

Mehmet Y?ld?z, der die Eröffnungsrede hielt, sagte: „Millionen von Menschen haben ihre Länder als Folge der Kriege verlassen, die von den Imperialisten in der ganzen Welt geführt werden. Nach Angaben der UNESCO sind allein in diesem Jahr fast 100 Millionen Menschen aufgrund von Kriegen in der Welt auf der Flucht. Im Jahr 2015 betrug die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die nach Deutschland kamen, 1 Million. Infolge des jüngsten Krieges zwischen der Ukraine und Russland haben 5-6 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Infolge der Kriege, die der amerikanische Imperialismus in den letzten 30 Jahren in Afghanistan, im Irak, in Syrien und in Libyen geführt hat, haben Millionen von Menschen ihr Leben verloren und Millionen von ihnen sind in andere Länder ausgewandert.“

DIE REICHEN SIND DIE ERSTEN, DIE IM KRIEG FLIEHEN

Y?ld?z betonte, dass Russland nach dem Zusammenbruch des Ostblocks Anfang der 90er Jahre durch die Praxis des imperialistischen Bündnisses NATO in die Enge getrieben wurde: „Der jetzige Krieg wird auf dem Rücken der Menschen in der Ukraine geführt, die der Schlüsselpunkt dieses Krieges ist. Der Verlierer des Krieges ist die Bevölkerung in der Ukraine und im Donbas. Es sind die Arbeiter und Werktätigen, die sterben. Die Reichen sind die ersten, die fliehen und diejenigen, die dann ihren Reichtum vermissen. Jedoch sind Frauen und Kinder diejenigen, die am stärksten und zuerst unter dem Krieg leiden. Wir sind für die sofortige Beendigung dieses Krieges und der Sanktionen. Aber die Imperialisten benutzen diesen Krieg als Mittel, um die Krise des Kapitalismus zu vertuschen. Der Hintergrund dieses Krieges ist ein von den USA geschürter Konflikt zwischen China und dem Westen. China beeinflusst 45 Prozent der Weltwirtschaft. Im Gegensatz zu den westlichen Imperialisten verfolgt China eine Politik, die die eigenen Interessen nicht durch Invasion und Bombardierung von Ländern, sondern durch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen wahrnimmt. Eine Beteiligung am Krieg verhindert weder den Tod von Menschen noch überwindet sie die Wirtschaftskrise“

YILDIZ: „FRÜHER 100-150 EINKÄUFE PRO WOCHE SIND HEUTE 350-400 EURO!“

Anhand von Beispielen beschrieb Yildiz die Folgen von Krieg und Wirtschaftskrise: „Sie erleben den Anstieg der Benzinpreise, den Anstieg der Lebenshaltungskosten, während eine vierköpfige Familie früher für 100-150 Euro pro Woche einkaufen konnte, kann sie jetzt nicht für mindestens 350-400 Euro einkaufen. Unsere Einkommen und Gehälter steigen nicht, aber aus irgendeinem Grund wird alles teurer. Aus diesem Grund werden wir auch weiterhin diese Treffen in allen Stadtteilen organisieren, um diese Krise zu diskutieren.“

GASCH: „260 TOTE DURCH ISRAELISCHE BOMBEN IN GAZA“

Ein weiterer beim Friedensfrühstück war Marco Gasch, Sprecher des Hamburger Forums für Völkerverständigung. Er wies auf die Doppelmoral bezüglich der Kriege auf dieser Welt hin. Mit Blick auf die israelische Besetzung des Gazastreifens sagte Gasch: „Bei den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen wurden Zivilisten und Kinder getötet. Es wurden 260 Menschen durch israelische Bomben getötet. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, weil die Menschen in der hiesigen Politik nicht im Mittelpunkt stehen, sondern eigene wirtschaftliche und geostrategische Interessen. Deutschland hat sich in dieser Situation nicht neutral verhalten, sondern hat sich auf die Seite Israels gestellt. Solange wir von Menschenrechtsverletzungen nicht betroffen sind, ziehen wir es vor, nur einseitig zu schauen. Der Waffenhandel aus Deutschland ist ein Grund dafür, dass Kriege wie im Jemen in Nordsyrien-Rojava und in weiteren Ländern stattfinden können.“

DIE HILFE GING SOFORT IN DIE UKRAINE, WÄHREND DEN MENSCHEN IM JEMEN SEIT JAHREN NICHT GEHOLFEN WURDE

Gasch betonte, dass in den letzten siebeneinhalb Jahren mehr als 400.000 Menschen in Kriegen ihr Leben verloren haben, dies aber in den Medien zu wenig Beachtung finde: „Deutsche Waffen töten Kinder in arabischen Ländern weit weg von Deutschland, aber diese Doppelmoral wird nicht erkannt. Der Krieg in Europa ist wichtiger. Für den Krieg im Jemen können 4,5 Milliarden Dollar nicht aufgebracht werden, um das Überleben der Menschen zu sichern, aber die Ukraine verhielt mehr als 80 Milliarden Euro an Hilfsgeldern. Zudem stellen die Staaten in der Europäischen Union der Ukraine Waffen zur Verfügung. Das Ziel ist es, Russland daran zu hindern, China zu unterstützen, denn es ist der stärkste Feind der Vereinigten Staaten, weil es die alleinige Hegemonie der Großmacht in Frage stellt“.

DOLZER: „DEUTSCHLAND LIEFERT ALTE WAFFEN AN DIE UKRAINE UND KAUFT NEUE FÜR DIE BUNDESWEHR“

Martin Dolzer, Musiker, Journalist sowie Mitglied der Volksinitiative gegen Rüstungsexporte beschrieb die Hintergründe des Krieges in der Ukraine und der Inflation: Seit 2008 (schleichend) und seit 2019 (intensiv) sind wir mit einer Weltwirtschaftskrise konfrontiert. In derart großen Wirtschaftskrisen sind Weltkriege und eine massive Monopolisierung des Kapitals für die Herrschenden Mittel der Wahl. Der 1. und 2. Weltkrieg und der neoliberale Wandel ab den 1970er Jahren waren die Folgen der bisherigen großen Krisen des Kapitalismus. Eine Alternative zu derart zerstörerischen Wegen wäre eine Umverteilung des Reichtums nach Unten, Verstaatlichung der Daseinsvorsorge, die Überwindung imperialistischer Ausbeutung und der Erhalt der Natur. Die Regierung der USA reagiert zur Zeit mit einer immer aggressiveren Politik zur Rückerlangung der weltweiten wirtschaftlichen Hegemonie auf die Krise. In diesem Rahmen gibt es Planungen führender US-Strategen für einen „heißen“ Krieg gegen China – und in diesem Rahmen wurde auch die Situation in der Ukraine seitens der US-Regierung immer weiter zugespitzt.

Dolzer sprach auch über die Waffen, die vom Hamburger Hafen in Kriegsgebiete gelangen. „Die Panzer, die in Kriegen eingesetzt werden, werden auch im Hamburger Hafen produziert. So zum Beispiel der Leopard Panzer, der in Afrin zum Einsatz kam, der in Teilen im Hamburger Hafen von Kraus Maffei Wegmann geschweißt wird. Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland wurde durch die Osterweiterung der NATO und die Ignoranz gegenüber den berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands und die systematische Aufrüstung der Ukraine provoziert. Deutschland schickt jetzt seine gebrauchten Waffen in die Ukraine und mit dem 100 Milliarden Paket wird die Bundeswehr mit Moderen Waffen ausgerüstet. Die 100 Milliarden werden stattdessen benötigt um die Inflation auszugleichen und die Daseinsvorsorge zu sichern. Die Rüstungsindustrie beschäftigt 98.000 Menschen und ist  volkswirtschaftlich betrachtet relativ belanglos. Rüstungskonversion wäre deshalb sofort möglich. Die Betriebe, die oftmals ohnehin auch zivile Güter produzieren, könnten mit ihren hochqualifizierten Angestellten sehr leicht auf zivile Produktion umstellen. Die Waffenindustrie hat jedoch eine sehr starke Lobby, die das verhindert.“

In der Diskussion wurde deutlich, dass alle Teilnehmer_innen es für wichtig halten sich jetzt gegen den Krieg, den Sozialabbau und die Aushöhlung der Grundrechte zu organisieren und Protest auf die Strasse zu tragen.