In Frankreich kam es am letzten Wochenende zu Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung, die einer anhaltenden Polizeigewalt überdrüssigen geworden ist, und mittlerweile 45.000 Polizisten. Nachdem in dem Pariser Vorort Nanterre der 17jährige Nahel Merzouk, bei einer Fahrzeugkontrolle von dem Motorradpolizisten und Exsoldaten Florian M. erschossen worden war, weiteten sich die Proteste am Wochenende auf ganze Frankreich und bis in die belgische Hauptstadt Brüssel aus.
„Die AfD versucht diese Vorgänge nun in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft für ihren rassistischen Populismus und für Hetze gegen Migrant_innen auszunutzen. Das ist einfach unerträglich. Sachlich betrachtet, liegen die Gründe für die Wut, die sich hauptsächlich – aber nicht nur – bei Jugendlichen aus den Vororten Bahn bricht, deutlich tiefer als im Fehlverhalten eines Polizisten. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die zunehmende staatliche Repression, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Bereits unter der Regierung von François Hollande wurden 2017 die Regeln für den Einsatz von Schusswaffen durch die Polizei gelockert. Beamt_innen erhielten die Befugnis zu schießen, sobald sie eine `Verweigerung des Gehorsams´ feststellen. Seitdem ist die Anzahl der durch Polizist_innen Getöteten um das Fünffache gestiegen“, erläutert der fraktionslose Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Mehmet Yildiz.
„Polizeigewalt bleibt neben der sozialen und rassistischen Ausgrenzung besonders in den Randbezirken der Großstädte ein in Frankreich nie ernsthaft angegangenes Problem. Arbeitslosigkeit und sozialer Kahlschlag führen in den Vorstädten (Banlieues) zu Perspektivlosigkeit und Verzweiflung. Menschenrechtsorganisationen kritisieren Alltagsrassismus und insbesondere das Gesetz von 2017, weil es den rechtlichen Rahmen für den Schusswaffengebrauch in gefährlicher Weise erweitert hat. Davor durften Polizist_innen Schusswaffen nur einsetzen, um ihr eigenes Leben oder das von anderen Personen zu schützen. Der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon fordert zurecht, dass das Gesetz abgeschafft werden muss“, so der Abgeordnete weiter.
Fast schon zynisch wirke Macrons Rede von einer nicht zu entschuldigenden Einzeltat. Die vergangenen Monate waren in Frankreich von Gewaltexzessen der Einsatzkräfte gegen soziale Proteste geprägt. Der mittlerweile verhaftete Todesschütze M. berief sich bis zur Entlarvung seiner Lüge auf Notwehr. Am 14. Juni 2023 erschossen Streifenbeamte den 19jährigen Guineer Alhoussein Camara in Angoulême bei einer Fahrzeugkontrolle. Ein 54jähriger erlag am letzten Donnerstag bei Cayenne in Französisch-Guyana bei Protesten Verletzungen durch eine Kugel. Nahe Rouen stürzte ebenfalls am letzten Donnerstag ein Jugendlicher vom Dach eines Supermarktes und starb. Wegen Schusswaffengebrauchs der Spezialeinheit RAID in Mont-Saint-Martin schwebt ein junger Mann seit letzten reitag in Lebensgefahr.
Yildiz betont: „Die Regierung Macron bevorzugt bei Protesten, egal ob von den Gelbwesten oder gegen die Rentenreform, bis hin zur mittlerweile verbotenen Umweltkampagne `Aufstände der Erde´Gewalt gegenüber Dialog und Konfliktlösung. Das ist ein Weg in Sackgasse. Die beste Innenpolitik ist eine gute Sozialpolitik. Was die AfD in der Aktuellen Stunde macht, indem sie eine Schuldumkehr betreibt, ist schlicht inakzeptabel und rassistisch.“
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